Kennst Du die Geschichte mit den zwei Wölfen in einer Brust?
Eine selbstständige Frau in einem Coaching sagte kürzlich zu mir: „Ich fühle mich derzeit sehr hin- und hergerissen. Sowohl persönlich als auch im Business. Persönlich, weil ich mich derzeit durch meine Hochsensibilität besonders herausgefordert fühle in der Kommunikation mit den Menschen um mich herum. Derzeit nehme ich sehr auffällig ambivalente Gefühle in den Menschen wahr: Bei den einen deutliche Aufbruchsstimmung, bei anderen Resignation. Dort Existenzangst und woanders spürbar innere Kraft. Die einen auf dem Weg der spirituellen Besinnung, die anderen zurück auf dem Weg Business qua ratio.
Sie sagte: „Gerade muss ich besonders stark darauf achten, auseinander zu halten, welche Gefühle davon sind meine Gefühle und welche die der anderen, die sich anfühlen wie meine. Und daher auch der Effekt auf mein eigenes Business: Will ich wirklich die knallharte Businesssprache in der Akquise will ich nicht lieber meinem Herzen folgen und weichere Ansprache und Themen wählen? Die Antwort ist klar: Zweiteres! Aber ich merke ein heftiges: “Ich trau mich nicht.” und dabei existiert dieser Satz praktisch gar nicht in meinem Sprachschatz… Jetzt taucht er auf. Deshalb kommt in mir zusätzliche Wirrung.“
Diese Worte der Frau bewegen mich.
An einem anderen Tag lese ich einen Post zum Thema Kommunikation im Wandel: „Vielleicht wird es Zeit, dass die Organisationen umdenken und sich in den Dienst der Menschen und Erde stellen; alle gemeinsam an einem Strang ziehen; aufhören mit dem Schneller-Höher-Weiter-Mantra und mit seinen krankmachenden Folgen für die Menschen. Für mich ist das Thema „Kommunikation im Wandel“ aktuell brennend und gehört zum Thema Führung dazu. Mangelhafter Informationsfluss ist einer der Hauptkritikpunkte in allen Organisationen, die ich begleitet habe. In der hektischen Zeit ist Kommunikation zwischen Tür und Angel das Normal. Es geht darum, dass Menschen sich wieder Zeit nehmen füreinander, sich gegenseitig zuhören, sich miteinander verbinden und in echten Kontakt kommen…“
Diese Worte im Post bewegen mich.
An einen anderen Tag höre ich einen Kollegen sagen: „Du musst bei der Akquise provozierender sein! Wenn du CEOs erreichen willst, musst du mit knallharten Fakten kommen: Wieviel Geld oder Zeit spart er, wenn du dort Coachings oder Trainings gemacht hast? Willst du die Führungsspitze mit deiner Akquise erreichen, brauchst du Businessvokabeln und messbare Zahlen. Alles andere wollen die nicht hören. Motivation, bessere Zusammenarbeit, Spaß oder sowas, das zieht nicht!“ Ich nicke. Ich stimme zu. Ich kenne das genau so aus meiner Berufserfahrung der letzten 20 Jahre.
Diese Worte des Kollegen bewegen mich.
Ich bin Coach geworden, um etwas zu verändern: Menschen zu ermutigen zu mehr Authentizität und Profil. Ich möchte mit dieser Ehrlichkeit zum eigenen Ich dazu beizutragen, dass die Menschen und ihre Organisationen wirksamer und erfolgreicher werden. Ich weiß nicht erst als Selbstständige, dass Unternehmen per Definition Gewinnerwirtschaftung heißt. Am Ende müssen die Zahlen stimmen. Aber wie kommt es oder besser gesagt, wer verantwortet das Tun für ein gewinnbringendes Jahresende? Ich habe viele Jahre erlebt, wie Organisationen LEBEN – durch ihre Menschen, ihr Miteinander, ihre Kommunikation. Sie mögen vielleicht FUNKTIONIEREN durch ihre Prozesse, ihre Bilanzen, ihre Maschinen – aber Leben? Ich habe erlebt, zu welchen krankmachenden Folgen dieses Schneller-Höher-Weiter-Mantra insbesondere bei Führungskräften und leistungsstarken Menschen geführt hat. Ich habe erlebt, wie viele dieser Menschen, wenn sie mal ganz ehrlich mit sich selbst waren, hinter verschlossener Tür gesagt haben, wie sehr sie sich als Vater einschränkt fühlen und sich gern mehr Zeit nehmen wollten für die Kinder. Ich höre sie sagen, dass sie keinen Bock haben auf dieses System und jetzt lieber Tennis spielen gingen. Ich höre sie, wie sie mir sagen, dass sie noch so viel zu tun haben und daher schon wieder ihr Date mit ihrem Partner abgesagt haben und sich schlecht damit fühlen.
Diese Worte bewegen mich.
Und während ich sie das sagen höre, sehe ich in traurige, ermattete Gesichter. Auch heute wieder – als Coach, wenn sie bei mir sind – hinter verschlossenen Türen.
Und: Kennt ihr die Geschichte mit den zwei Wölfen in einer Brust?